Ab in die Wälder Sehenswerte (Ur)Wälder, in denen Ursprünglichkeit, Naturbelassenheit und Schutz ganz weit oben stehen.
Einleitung
Früher bedeckte unberührter Urwald die ganze Schweiz – vom Genfer- bis zum Bodensee. Heute sind nur noch kleinste Urwaldreste übrig. Wir finden es ist Zeit, die urtümlichen und naturbelassenen Wälder der Schweiz zu besuchen, die Natur zu spüren und neue Energie zu tanken.
Urwälder sind per Definition "Wälder, die über Jahrhunderte nie von Menschen in ihrem natürlichen Lebensablauf beeinflusst wurden". Solche von Menschen unberührten Wälder gibt es in der Schweiz kaum noch. Teile des Bödmerenwalds im Muotathal, der Fichten-Tannenurwald l'Echorcha in Derborence und der Fichtenurwald Uaul Scatlè oberhalb Brigels sind kleinste urwaldähnliche Waldflächen, die seit vielen Jahre diesen ursprünglichen Zustand haben.
Heute gibt es in der Schweiz zudem über 800 Naturwaldreservate, in denen sich die Wälder weitgehend ohne menschliche Eingriffe entwickeln und schon seit Jahrzehnten nicht mehr bewirtschaftet wurden.
Diese besonderen und schützenswerten Gebiete sind für Gäste oftmals zugänglich, wobei es umso wichtiger ist, auf den Wegen zu bleiben, sich sorgsam zu verhalten und die Vorschriften einzuhalten.
Bödmerenwald Muotathal, Schwyz
Mit 600 Hektaren ist der Bödmerenwald im Muotathal im Kanton Schwyz der grösster Fichtenwald mit Urwaldcharakter im gesamten Alpenraum. Urwaldähnlich, weil der Bödmerenwald kaum vom Menschen beeinflusst wurde. Der Wald wächst auf einer durchfurchten Karstlandschaft. Ein schroffe, wilde Welt, wo jeder dritte Baum zwischen 250 und 400 Jahren alt ist – die ältesten sogar 500 Jahre. Für viele Vögel sind diese alten Bäume ein wichtiger Lebensraum. Und für uns Menschen ist der geheimnisvolle und urige Wald ein wohltuende grüne Oase.
Der Fichten-Tannenurwald l'Echorcha Derborence, Valais
Der Urwald l'Ecorcha von Derborence liegt an einem steilen Hang oberhalb des gleichnamigen pittoresken Sees. Die Fläche ist gerade einmal so gross wie 30 Fussballfelder und wird bedeckt von Tannen, die bis zu 44 Meter hoch und 450 Jahre alt sind. Der Urwald beherbergt das artenreichste Unterholz der Schweiz und regeneriert sich aus eigener Kraft. Er hat sogar den Bergsturz von 1749 überlebt, der den Lac de Derborence – der jüngste natürliche See Europas – entstehen liess. Seinen bis heute ursprünglichen Zustand verdankt der Wald dem schwierigen Zugang für Holztransporte. Seit 1959 ist das Reservat geschützt. Die Bäume sind wichtige Langzeitzeugen für die Entwicklung der Luftqualität und ihrer Folgen, weshalb sie mittlerweile für wissenschaftliche Erhebungen nummeriert sind. Der Hang ist so steil und felsig, dass er nur schwer zugänglich ist.
Anreise: Mit der SBB via Lausanne nach Sion. Von dort mit dem Postauto nach Aven, village und weiter nach Derborence. Die Haltestelle Derborence wird nur wenige Male pro Tag angefahren. Zum Fahrplan.
Beste Besuchszeit: Sommer bis frühen Herbst.
Fichtenurwald Uaul Scatlè Brigels, Graubünden
Der circa 5.5 Hektar grosse Fichtenurwald Uaul Scatlè liegt oberhalb des Bündner Ortes Brigels auf rund 2000 Metern über Meer, wodurch das geschützte Reservat der höchstgelegene Fichtenurwald Europas ist. Der Fichtenwald ist von steilen Felsbändern, Blocktrümmerfeldern und Lawinenzügen "eingeschachtelt", daher auch sein Name „Scatlè“. Dank seiner Abgelegenheit kam es in der Vergangenheit weder zu Holznutzung noch zu Waldweidung oder Köhlerei.
Beim Aufstieg von Brigels Richtung Val Frisal wird der steile Fichtenwald links vom Weg passiert. Die toten Bäume und die scheinbare Verwahrlosung zeugen von einem Stück Wald, der in seinem Urzustand gelassen wird. Bereits im Jahr 1909 und noch vor der Gründung des Schweizer Nationalparks beschloss die Gemeinde Brigels den Wald weiterhin in seinem Urzustand zu belassen und ein „Reservat d’uaul primitiv“ zu schaffen.
Anreise: Mit der SBB bis nach Chur und weiter mit der Rhätischen Bahn bis nach Ilanz. Von hier mit dem Postauto bis nach Breil/Brigels, Casa communala. Zum Fahrplan.
Beste Besuchszeit: Mitte März bis Ende Oktober.
Sihlwald Zürich
Nur zehn Kilometer südlich von Zürich, befindet sich einer der ursprünglichsten und schönsten Wälder des Mittellandes – der Sihlwald. Mit einer Ausdehnung von etwa zehn Quadratkilometer ist er der grösste zusammenhängende Laubmischwald des schweizerischen Mittellandes. Nachdem der Wald die Stadt Zürich über Jahrhunderte mit Brennholz versorgt hat, werden seit dem Jahr 2000 keine Bäume mehr gefällt. Seit 2010 ist der Wildnispark Zürich Sihlwald ein Naturerlebnispark von nationaler Bedeutung. Wer heute spazieren geht, findet sich schnell zwischen alten Baumriesen und knorrigem Totholz wieder. In der Nähe des Bahnhofs Sihlwald befindet sich ein Besucherzentrum mit Museum sowie das Restaurant Sihlwald. Hier erhält man nützliche Hinweise zum Wildnispark Zürich sowie zum fantasievollen Walderlebnispfad Sihlwald.
Anreise: Mit der S4 geht es von Zürich HB in einer halben Stunde bis zu den Stationen Sihlwald und Sihlbrugg. Zum Fahrplan.
Beste Besuchszeit: Mitte März bis Ende Oktober.Valle di Lodano Locarno, Tessin
Nur etwa 15 Kilometer von Locarno entfernt, liegt das herzige Steindörfchen Lodano. Rundherum befindet sich ein grosses Waldreservat mit einer faszinierenden Landschaft und vielen unterschiedlichen Tieren und Pflanzen. Die alten Buchenwälder des Valle di Lodano verbreiten sich seit der letzten Vergletscherung aussergewöhnlich ökologisch. Im Jahr 2021 wurden die alten Buchenwälder des Valle di Lodano zusammen mit den alten Buchenwälder in den Tälern Busai und Soladino (TI) sowie auf dem Bettlachstock (SO) Teil des UNESCO Welterbes "Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas". Also nichts wie hin und auf einem der vier Wanderwege das noch unbekannte Valle di Lodano und die vielen prächtigen alten Buchen entdecken.
Beste Besuchszeit: Mitte Mai bis ca. Ende Oktober.
God da Tamangur Scuol, Graubünden
Zuhinterst im idyllischen Val S-charl südlich von Scuol steht der höchstgelegene Arvenwald von Europa. Einzelne Bäume wachsen bis auf eine Höhe von 2400 Meter. Für die Rätoromanen ist er Symbol für Hartnäckigkeit, Überlebenswillen und Stärke. Seit 2007 steht der God da Tamangur unter Schutz und die Natur kann sich wieder frei entfalten. Der Gang durch den duftenden Wald vorbei an den jungen und bis 700-jährigen knorrigen Arven ist ein wahrliches Naturerlebnis.
Beste Besuchszeit: Mitte/Ende Mai bis ca. Ende Oktober.
Risoud Wald Vallée de Joux, Waadt
Der Grand Risoud bedeckt das sanft ansteigende Hügelland zwischen dem Talboden des Vallée de Joux im Kanton Waadt und der französischen Grenze. Er ist vier Kilometer breit und ungefähr 15 Kilometer lang. Hier kann man stunden- oder tagelang unterwegs sein, ohne den Wald zu verlassen – ein Erlebnis das in der kleinen, zerstückelten Schweiz einmalig ist. Und nicht nur der Risoud Wald lohnt es sich zu besuchen, sondern auch das Tal Vallée de Joux mit dem gleichnamigen See und seiner langen Tradition der Uhrmacherkunst.
Aletsch Wald Fiescheralp, Wallis
Der Aletschwald liegt an der südlichen Seitenmoräne des grössten Gletschers der Alpen, dem Aletschgletscher. Auf 1800 bis 2200 Meter über Meer wachsen hauptsächlich Arven, wenige Lärchen, Fichten und Birken. Auf einer der Höhenwanderungen durch den geschützten Aletschwald begeistern nicht nur die Bäume sondern auch die Aussicht auf den Gletscher, das Matterhorn und die umliegenden Berge.
Anreise: Mit der Bahn von Brig bis Mörel und von dort mit der Luftseilbahn auf die autofreie Riederalp, mit der Bahn bis Betten und von dort mit der Luftseilbahn auf die Bettmeralp oder mit der Bahn bis Fiesch und von dort hoch auf die Fiescheralp. Zum Fahrplan.
Beste Besuchszeit: Mitte Mai bis Ende Oktober.